ca. aus dem Sommer 1996
Die Radio-Kritik
Der Flachsinn lebt
‚Bully’s Late Light Show‘ – neue Comedy bei Radio Energy
VON FRANZ KOTTEDER 
Diese Radioshow ist ein Knüller. Seit drei Wochen gibt es sie jeden Freitagabend um 20 Uhr auf Radio Energy, deutschlandweit, und schon ist sie über den Status eines Geheimtips weit hinaus. Bully's Late Light Show, angeblich ‚eine Persiflage auf die bekannten Late Night Shows im Femsehen‘ (Radio Energy), ist die Krönung eines Programmkonzepts, das anscheinend ganz auf Comedy baut.
Comedy - das ist bekanntlich das, was Leute wie Wigald Boning und die ,Doofen‘ oder ‚Guildo Horn und die Orthopädischen Strümpfe‘ machen. Früher nannte man sie ‚Blödelbarden‘, und sie waren eine tolle Erfindung, weil sie den deutschen Humor demokratisierten: Diese flachen Scherze, die garantiert politikfreien Kalauer und diese mehr oder weniger gelungenen Wortspiele konnte und kann jeder verstehen, ganz gleich, ob er bei der Vergabe der Intelligenz durch den lieben Gott ganz laut ‚hier‘ geschrien hatte oder gerade eingenickt war.

Witze mit Bart 
Bully und seine Studioband ‚Die Schlauen‘ setzen da noch eins drauf. Da kommt der italienische Pornostar Gianluca Analberto vor, der schon viele Wettbewerbe im ‚Masturbieren‘ gewonnen hat, da wird uns von dem Jungen berichtet, der mit schweren Nasenverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wird und auf die Frage, woher das komme, antwortet: ‚Ich wollte meine Nase abnehmen, um zu sehen, was sie zum Laufen bringt.‘ Die Feststellung: ‚Dein Husten ist schon viel besser geworden‘ wird erwidert mit: ‚Ich habe auch die ganz Nacht geübt‘, und das neue Stück von Bully und seiner Band wird über die eingebaute ‚Balladerampe‘ angeliefert ...
Da fehlt nur noch der Satz: ‚Wir haben jetzt eine Riesenüberraschung für Sie - wir spielen nämlich gleich richtig gute Musik!‘
Bully's Late Light Show besteht aus einer Aneinanderreihung von Nullachtfünfzehn-Radiohits, wie sie sonst den ganzen Tag über im Mainstream-Rundfunk gesendet werden, von schlechten Scherzen, Witzen mit Bart und einfachen Wortspielen. Vorgetragen werden sie von Figuren, die, so tun, als wären sie gerade aus einer beschützenden Werkstätte für Mental-Geschädigte ausgerückt.
Das hat offenbar Methode bei Radio Energy: Morgens zwischen 6 und 9 Uhr gibt es da Langemann und die Morgencrew (aus der auch Bully hervorgegangen ist), wo ebenfalls eine durchgeknallte Comedytruppe die Hörer mit unsäglichen Kalauern und hysterischem Gelächter nerven darf, samstags hat der Sender die streckenweise durchaus witzigen Abendshows Dr. Ben und Club Mad im Programm. Der Schwachsinn greift also um sich, und weil man heutzutage nichts mehr machen darf, ohne im Internet vertreten zu sein, hat Bully bei Energy auch eine eigene Homepage (www.bully.netsurf.de), auf deren Erotikseiten es auch ‚die Muschi von E. Berger‘ zu sehen gibt - natürlich eine hübsch getigerte Hauskatze.
Ach ja, Bully's Late Light Show, man sieht schon, hat etwas. Die zweistündige (!) Sendung beweist, daß man Rundfunk auch ohne Inhalt machen kann, daß Radio ohne Sinn und Verstand möglich ist - insofern ist sie eine glänzende Satire auf die Wirklichkeit. Rätselhaft ist nur, warum diesen Schwachsinn irgend jemand hören will? Man muß schon sehr, sehr einfühlsam sein, um Freitag abends Radio Energy freiwillig einzuschalten.

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